Sachsenbrief von Frank Vogel
Liebe Mitglieder und Freunde der Senioren Union Sachsens,
wir nähern uns mit großen Schritten dem Jahresende. Die Advents- und Weihnachtszeit steht bevor. Eine Zeit, die eher als die etwas ruhigere und besinnlichere Zeit gilt. Eine Zeit, in der viele versuchen, dem Alltagsstress zu entfliehen und einmal kurz innezuhalten. Eine Zeit, in der manch einer zurück blickt auf das vergangene Jahr und neue Pläne für das kommende Jahr ins Auge fasst. Ich bin überzeugt, in diesem Jahr werden die letzten Wochen des Jahres anders, anspruchsvoller und wohl auch „unruhiger“ werden.
In Sachsen ist die Frage der Regierungsbildung noch immer offen. In der Bundesrepublik stehen wir vor einer vorgezogenen Bundestagswahl. Und wohin die geopolitische Entwicklung nach dem 20. Januar 2025, dem Amtsantritt von Donald Trump, tatsächlich geht und welche Auswirkungen diese auch auf unsere Wirtschaft und damit weitere Entwicklung haben wird, ist völlig offen.
Die Ausgangslage nach der Landtagswahl vom 01. September 2024 konnte schwieriger nicht sein. Die Wählerinnen und Wähler hatten ihre Entscheidung getroffen. Im Ergebnis kam die CDU auf 41, die AfD auf 40, das BSW auf 15, die SPD auf 10, das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf 7, DIE LINKE auf 6 Sitze und die Freien Wähler errangen 1 Sitz. Dieses Ergebnis gilt es anzuerkennen und zu respektieren, wenngleich dessen Umsetzung eine schwierige Aufgabe werden wird. Vor der Wahl galt in der CDU der Beschluss „Keine Zusammenarbeit mit der AfD“, einer in Sachsen durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei. Einer Partei, deren erklärtes Ziel es ist, die CDU aus der politischen Landkarte zu entfernen. Ebenso wurde vor der Wahl eine weitere Zusammenarbeit mit dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausgeschlossen. In der Landesvorstandssitzung am 02.09.2024 wurde dies noch einmal bekräftigt. Das Versprechen, das den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl gegeben wurde, gilt auch nach der Wahl!
Spannende und in Teilen sehr kontroverse Diskussionen in den Parteigremien, in den Kreisverbänden und in der Bevölkerung zur Frage „Mit wem wollen bzw. können wir eine Regierung bilden?“ prägten die vergangenen Wochen. In einem ersten Schritt wurden Sondierungsgespräche mit der SPD und dem BSW aufgenommen und so der Versuch gestartet, mit diesen beiden Partnern eine Mehrheitsregierung zu bilden.
Der 06. November 2024 wird uns allen wohl noch lange in Erinnerung bleiben. Morgens die Meldung, dass der Republikaner Donald Trump die Präsidentenwahl in den USA gewonnen hat. Mittags die Meldung, dass das BSW die Sondierungsgespräche in Sachsen abgebrochen hat. Und abends dann die Meldung, dass der Bundeskanzler seinen Finanzminister Christian Linder aus seinem Amt entlassen hat und somit die „Ampel-Regierung“ in Berlin gescheitert ist. In der Landesvorstandssitzung am 09.11.2024 wurde die aktuelle Situation gemeinsam mit der Landtagsfraktion neu bewertet. Im Ergebnis dessen wurde am 14.11.2024 in einer weiteren gemeinsamen Sitzung beider Gremien beschlossen, auf der Basis der geführten Sondierungsgespräche nun mit der SPD über die Bildung einer Minderheitsregierung zu verhandeln.
Minderheitsregierung – in anderen Teilen Europas mit einem „anderen Politikstil“ nichts Außergewöhnliches. Und auch in der Bundesrepublik gab es bereits mehr als 30 Minderheitsregierungen. Bis auf Sachsen-Anhalt (MP Höppner) aber immer nur als Übergangsregierung bis zur nächsten Wahl. Seit 35 Jahren tragen wir, die CDU, nun schon Regierungsverantwortung in Sachsen. Bis 2004 stets allein. Danach in einer Koalition mit der SPD, ab 2009 mit der FDP. 2014 folgte dann wieder eine Koalition mit der SPD und seit Ende 2019 als „Kenia-Koalition“.
Nach dem Abbruch der Sondierungsgespräche durch das BSW verspürte man vielerorts ein Aufatmen. Eine Regierungsbeteiligung der Kommunistischen Plattform in der Gestalt ihrer früheren Vorsitzenden Sahra Wagenknecht war damit vom Tisch. Auch ich war froh über diese Entwicklung. Eine Minderheitsregierung, wie von vielen angesichts des Wahlergebnisses erwartet, wird uns alle vor sehr sehr große Herausforderungen stellen und unser aller Zutun und engagiertes Mittun erfordern. Dabei ist es nahezu unerheblich, ob diese mit oder ohne SPD gebildet wird. Wenn wir die Sitzverteilung im Sächsischen Landtag genauer betrachten und auf uns wirken lassen, dann muss jedem klar werden, dass es unter diesen Bedingungen unheimlich schwer, ja nahezu unmöglich wird, klare CDU-Positionen noch umsetzen zu können. Der Einfluss der anderen Parteien wird deutlich wachsen. Daran ändert auch ein möglicher „Konsultationsmechanismus“ nichts. Wir werden noch mehr als in allen andern Mehrheitskoalitionen um unsere Werte, unsere Standpunkte, unser „Gesicht“ kämpfen müssen. Und das wird nicht nur die Aufgabe der Regierung, des Landesvorsitzenden, des Landesvorstands und der Landtagsfraktion sein, sondern unser aller Aufgabe! Alle Vereinigungen, von der Jungen Union bis zur Senioren-Union, alle Kreis-, Stadt- und Ortsverbände sind gefordert. Jedes CDU-Mitglied, jeder, dem unser bisher erfolgreiches Tun am Herzen liegt, muss SEINEN ganz persönlichen und konkreten Beitrag dazu leisten, wenn eine Minderheitsregierung halbwegs erfolgreich sein will und wir als CDU am Ende dieser Wahlperiode nicht als Verlierer vom Platz gehen wollen.
Wir brauchen eine neue Aufbruchsstimmung. Wir müssen unsere Lethargie überwinden. Wir müssen mehr denn je bereit sein, die politischen Entscheidungen nach draußen zu tragen, sie zu erklären, sie mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren. Dazu bedarf es Mut, aber auch einer guten und ausgeprägten Kommunikation innerhalb der CDU und vor allem auch in die Bürgerschaft hinein.
Minderheitsregierung bedeutet auch, dass es Mehrheiten gegen uns geben kann und wird. Und diese Beschlüsse sind letztendlich durch die Regierung ebenso umzusetzen. Vor uns liegt ein steiniger, sehr beschwerlicher und völlig neuer Weg. Ein Weg, den wir bisher in Sachsen so noch nicht gegangen sind. Ein Weg, von dem wir nicht wissen, ob und wie wir unser Ziel erreichen. Um erfolgreich sein zu können bedarf es meines Erachtens eines anderen „Politikverständnisses“ einer anderen „Politikkultur“. Es bedarf noch mehr als bisher einer Kultur der Akzeptanz und des Respektes zwischen allen Parteien und handelnden Verbänden und Institutionen. Und darin liegt zugleich auch eine große Chance. Die Chance, bestehende gesellschaftliche Differenzen und Spaltungen zu überwinden. Die Chance, wieder zusammenzukommen und die geopolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre gemeinsam zu meistern. Die Chance, unseren Freistaat Sachsen weitern voranzubringen, unsere Heimat zu einer weiterhin lebenswerten, prosperierenden Region zu entwickeln. Dafür lohnt sich jede Kraftanstrengung. Lassen Sie uns gemeinsam und in großer Einigkeit und Geschlossenheit diesen neuen, unbekannten Weg gehen – getreu dem Motto unserer Altforderen „Miteinander und Füreinander“.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit. Und für das Jahr 2025 wünsche ich Ihnen Mut und Zuversicht, Gesundheit und Gottes Segen. Vor allem aber wünsche ich uns allen Frieden. Frieden in der Welt. Frieden in unserer Gesellschaft. Und den inneren Frieden für jeden Einzelnen.
Ihr
Frank Vogel
Stellv. Landesvorsitzender